Ankunft auf Madeira

Liebe Leser,

heute morgen hat die Maverick nach 7 Tagen auf See um Punkt 7 Uhr morgens in Hafen von Funchal auf Madeira festgemacht. 557 Meilen liegen hinter uns. Im Normalfall haetten wir fuer diese erste Etappe wohl um die 5 Tage gebraucht, aber es sollte alles anders kommen...

Schon beim Auslaufen aus Lissabon am Samstag schlief der Wind fast ein und trieb uns mit mueden 2,5 bis 3,5 Knoten langsam nach Sueden. Je weiter wir auf den Atlantik hinauskamen, umso mehr machte sich die hohe Duenung bemerkbar, die ein Tiefdruckgebiet, das Tage zuvor von den Azoren kommend ueber Portugal abgezogen war, mit sich brachte. Bei Wellenhoehen von anfangs etwa 3 Metern kamen wir die ersten Tage nicht wirklich gut voran, aber schuettelten uns dafuer durch das endlose "Flap-Flap-Flap-Flap" der windlosen Segel in den hohen Wellen wirklich "die Knochen aus dem Leibe"... Am dritten Tage aenderte sich der Wind, er drehte jetzt direkt auf Nord und begann ploetzlich gegen Abend aus allen Rohren zu blasen...! Gluecklicherweise hatte ich gerade vorher das grosse, bunte Vorsegel noch gegen das kleinere, weisse ausgewechselt und in Sekundenschnelle drehte der Wind so sehr auf, dass ich das dritte Reff einbinden und die Fock auf die halbe Groesse wegrollen musste. Mit staendigen 6 bis 7 Knoten rasten wir gen Westen, waehrend das Unwetter ueber uns hinwegzog - bis, ja bis das Grosssegel ploetzlich riss... Direkt an der dritten Reffreihe riss sich die Reffoese aus dem Segel und begann einen etwa 20 cm langen Riss ins Segel zu flattern, sodass ich das Segel schleunigst wegnehmen musste - was sich bei den hohen Wellen als reines Rodeoreiten entwickelte... ;-)

Nur mit der halb weggerollten Fock ging es dann immer noch mit 6 bis zu 7 Knoten gen Sueden, die Wellen bauten sich bis zu etwa 6 Meter Hoehe auf, sodass ich manchmal wirklich Angst hatte, das Boot wurde beim Surfen von den Wellenbergen querschlagen. Aber die Windsteueranlage hatte das Boot wirklich perfekt im Griff, ich konnte eine ganze Menge Schlaf finden und war ganz begeistert! :-) Ich habe bis gestern etwa 95 Prozent der Reise im Cockpit verbacht: die Nachte unter dem Sternenhimmel im Schlafsack und spaeter dann auch die ab und zu einsteigenden Wellen ziemlich "life" erlebt. Ich wusste einfach nicht, ob ich mich einfach unter Deck verstecken und der Anlage so blind vertrauen konnte. Aber der Windpilot ist wirklich einsame Spitze, er hat mich nicht einmal im Stich gelassen und so konnte ich gestern Nacht das nasseste Stueck der Fahrt "U-Boot-maessig" in der Kajuete verbringen, im halbstunden-Takt schlafen und nur immer wieder mal eine aktuelle Position in die Karte eintragen, das Schiebeluk zum Rundumblick oeffnen (danach immer wieder ein "tauchen!" rufen und das Luk zuknallen, bevor die naechste Welle ueber Deck kam... ;-)) und musste nur zum gelegentlichen Kursaendern nach draussen in die Sturmdusche...

Aber auch während der stürmischen Tage auf See hatte ich irgendwie nie das Gefühl "ganz allein" dort draussen zu sein, sondern hatte immer das Gefühl, es ist noch jemand an Bord, hält nach den Schiffen Ausschau und steuert das Boot von den brechenden Wellen herunter... Es war ein ganz merkwürdiges Gefühl, denn es war ja sonst auch immer wer an Bord, während ich in der Kajüte schlief und draussen lief das Boot ja wie gewohnt weiter... Heute Nacht ging es dann also zwischen den vorgelagerten Inseln vor Madeira hindurch, bis ich heute morgen gegen 5 Uhr in die Naehe des Haupthafens Funchal kam. Ich wartete, bis die Sonne aufging, um dann in den Hafen einzulaufen. Hier liege ich nun neben einem franzoesischen Katamaran im Paeckchen, habe endlich duschen koennen und geniesse die Schoenheit der Insel :-)

Madeira ist wirklich eine Perle im Atlantik und es ist nicht verwunderlich, dass sie von manchen Leuten als "letzte Reste des verschollenen Atlantis" bezeichnet wird... Ich habe mir hier erstmal eine Woche Urlaub verordnet um mich von der doch sehr anstrengenden Ueberfahrt zu erholen, das Boot zu reparieren (Segel naehen, den Radarmast stabilisieren, der rauszubrechen droht, ...) und dann Anfang kommender Woche die Ueberfahrt nach Gran Canaria anzutreten.

Neben den Bildern habe ich noch ein Video [10,6 MB] von der Überfahrt hochgeladen.

Liebe Gruesse,

euer Johannes

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