Atlantiküberquerung und Leben auf St. Lucia

Liebe Leser,

Seit Montag bin ich nun schon hier auf St. Lucia und die Zeit verrinnt wie im Fluge... Seitdem ich in die Lagune geschleppt wurde, in der sich der Yachthafen und die Werft befindet, liege ich längsseits an einem Travellift anstatt wie die anderen Segler in einer Box am Steg zu legen (wär mir eh zu teuer...) oder in der Lagune zu ankern. Gleich am Dienstag haben wir die Reparaturen an der Maverick begonnen, das Getriebe ausgebaut (das offenbar durch ein Leck Öl verloren und trockengelaufen war - Mist!) und es heute auf einer anderen Yacht mit auf die Nachbarinsel Martinique segeln lassen, auf der es die nächste Volvo-Werkstatt gibt. Von Tag zu Tag stelle ich neue Defekte an Bord fest, die behoben werden müssen, die Maverick hat unter der langen Reise ganz schön gelitten. Aber wenn man die Stunden, Tage, ja einen ganzen Monat, den ich mit ihr über den Atlantik gesegelt bin auf "normale" Segelsaisons auf der Ostsee umrechnen würde, dann bin ich in den letzten Monaten soviele gesegelt wie in etwa 10 Jahren...

Meine To-Do-Liste ist zurzeit länger als mein Arm, aber die meisten Dinge sind zum Glück Kleinigkeiten, wie z.B. den linken Brenner des Kochers reparieren (nach dem Silvesterfeuerwerk...), 12-Volt-Steckdosen austauschen (durch Salzwasser kaum noch Kontakt) und vieles dergleichen. Am Montag wird die Maverick für ein paar Tage an Land kommen, um das Ruderlager zu reparieren und die vielen Entenmuscheln vom Unterwasserschiff zu kratzen, die die Anti-Bewuchsfarbe als regelrechtes Biotop zu empfinden scheinen. Aber das scheint normal zu sein, habe ich hier erfahren. Hier hilft wirklich GAR NIX, aber die sind ja an einem Nachmittag abgekratzt... 1,5 Wochen werde ich also sicher noch hier verweilen müssen und ich bin wirklich gespannt (und beängstigt), was die Reparatur des Getriebes kosten wird. Wird sicher ein großes Loch in die Kasse fressen...

Sehr gefreut habe ich mich jedoch darüber, dass ich hier so richtig herzlich aufgenommen worden bin. Sowohl von den Einheimischen, die mich alle mit "Hey Johannes, how ar'ye?" auf der Straße begruessen und alle ganz begeistert darüber sind, dass ich ganz Alleine über den Atlantik gesegelt bin. "You did it ALONE??? You're quite crazy, boy!"

Noch freundlicher wurde ich allerdings von den deutschen Fahrtenseglern hier aufgenommen! Nicht nur dass sie mich mit den wichtigsten Tipps versorgt haben, sondern auch bei einem Abendessen in die nationalen Speisen eingeführt (wobei diese kartoffelartigen Bananen mein Favourit sind) und gestern mit mir meinen Anker in der Bay geborgen haben, den ich am Montag wegen dem Sturm an einer Boje lassen musste. Vielen Dank an die Outspan und die Antigua! Ich hoffe wir treffen uns auf Martinique, sobald ich hier wegkomme. Als erstes Ziel möchte ich jedoch auf Sightseeing-Tour nochmal eine Insel weiter gen Süden segeln um mir auf St.Vincent die Wallilabou-Bay anzusehen (in der der Film "Fluch der Karibik" gedreht worden ist) und auf dem Weg dorthin nochmal kurz in die Marigot-Bay auf St. Lucia, einem Muss in der Karibik (wenn auch vollkommen überlaufen). Weiter im Süden findet man dann die "richtige" Karibik, aber irgendwie reizt mich das im Moment überhaupt nicht. Mich zieht es eher nach Norden, Antigua, St. Maarten und dann weiter über die Virgin Islands und die Bahamas nach Florida, von dort dann den Intra-Coastal-Waterway hoch. Ausserdem bin ich ein wenig in Zeitdruck, habe auf den Kanaren schon einige Wochen verloren und bis nach Trinidad und zurück wären sicher wieder 2-3 Wochen weg. Mal schauen...

Die nächsten Tage werden hier nun erstmal voller Arbeit stecken, um die gute Maverick wieder klar zu machen. Trotz allem Verschleiss hat sie die Fahrt jedoch ausgezeichnet weggesteckt und sich auch in den hohen Wellen weit besser verhalten, als ich gedacht hätte. Vor allem das letzte Stück von Barbados (das ich südlich gerundet habe, um Handyempfang zu bekommen) war das härteste des ganzen Trips, weil dort permanent 5 Meter hohe Wellen von Schräg hinten angerollt kamen und sowohl das Cockpit als auch die Kajüte durch das offene Luk (bei 32 Grad in der Kajüte konnte ichs nicht schliessen) immer wieder füllten. Überhaupt habe ich hier erfahren, dass ich ein unglaublich schlechtes Jahr erlebt habe, der Wind ungewöhnlich stark gewesen ist. Und tatsächlich hatte ich die meiste Zeit im Passat anstatt den gewöhnlichen 3-4 oder auch mal 5 Windstärken, die allein schon schnelles Reisen ermöglichen, meist 5-7 Windstärken, immer das 3. Reff im Groß und ein recht kleines Vorsegel drauf (etwa 70 %), damit die Anlage es schaffte das Boot zu steuern und ich ausserdem auf den letzten 1000 Meilen das angeschlagene (...oder eher AUSgeschlagene) Ruder zu schonen.

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